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BDD Kompakt: Nach von tatsächlichen (kürzeren) Nutzungsdauern von Gebäuden
BDD Kompakt: Steuerliche Behandlung einer Photovoltaikanlage
Liebe Mandanten,
Bereits seit Jahrzehnten räumt das Einkommensteuergestz dem Steuerpflichtigen das Wahlrecht ein, die gesetzlich standardisierten Abschreibungssätze für Gebäude durch die Abschreibung anhand der tatsächlichen Nutzungsdauer zu ersetzen, soweit nachgewiesen wird, dass die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer ist als die gesetzlich normierte Regelnutzungsdauer.
Wir möchten Ihnen die neuen Leitlinien der Finanzverwaltung dieses Wahlrechts hier aufzeigen.
Einführung und bisherige Praxis
Dieses zunächst für lange Zeit in der Praxis nur selten ausgeübte Wahlrecht erfuhr eine Renaissance und neue Praxisrelevanz durch das Urteil Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28.7.2021, auf welches verschiedene Finanzgerichte in ihren Urteilen mittlerweile Bezug nahmen.
Laut BFH sei für die Geltendmachung der kürzeren Nutzungsdauer jede Darlegungs- und Nachweismethode zulässig, die Rückschlüsse auf die Gründe für eine kürzere Nutzungsdauer ermöglicht und hierbei eine hinreichende Schätzungssicherheit für die Bestimmung der tatsächlichen Nutzungsdauer gewährleisten kann. Dabei wurden unterschiedliche Gutachtenformen als zulässig erachtet, solange zumindest eine gutachterliche Methodik angewandt werde.
Reaktion der Finanzverwaltung
Um zu verhindern, dass der Regelfall durch die positive Rechtsprechung zunehmend durch den eigentlichen Ausnahmefall der kürzen Nutzungsdauern abgelöst wird und hierdurch sinkende Steuereinnahmen des Fiskus zu befürchten waren, hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit dem Schreiben vom 22.2.2023 auf die aktuelle Entwicklung reagiert und die Voraussetzungen der Anwendung verschärft.
Zunächst führt das BMF aus, dass die tatsächliche Nutzungsdauer im Regelfall sogar höher ist als die gesetzliche Regelnutzungsdauer. Um nun eine kürzere Nutzungsdauer im Einzelfall zu rechtfertigen, ist eine Begründung aufgrund von technischem Verschleiß, wirtschaftlicher Entwertung oder rechtlicher Einschränkungen erforderlich.
Auffassung der Finanzverwaltung
Technische Nutzungsdauer:
Nach der neuen Verwaltungsauffassung ergibt sich eine verkürzte Nutzungsdauer aus technischen Gründen insbesondere aus der substanziellen Abnutzung der Tragstruktur des Gebäudes, welche die Nutzungsfähigkeit des Gebäudes beeinträchtigen.
Einzelne zu ersetzende Teile oder bislang unterlassene Modernisierungen und Instandhaltungen reichen demnach grundsätzlich noch nicht für die Annahme einer kürzeren Nutzungsdauer aus.
Wirtschaftliche Nutzungsdauer:
Es muss begründet werden, weshalb nach dem Ende der geltend gemachten kürzeren Nutzungsdauer keine sinnvolle, ggf. anderweitige Nutzung mehr möglich ist und warum kein Restwert mehr vorhanden ist.
Rechtliche Nutzungsdauer:
Ferner kann die Restnutzungsdauer auch durch rechtliche Gegebenheiten eingeschränkt werden, insbesondere seien hier Abbruchverpflichtungen, vertragliche oder gesetzliche Nutzungsbeschränkungen und -verbote sowie das Ende der Mietdauer im Falle von Mietereinbauten und -umbauten genannt.
Anforderungen an den Gutachter:
Gutachten müssen nunmehr zwingend entweder von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Immobilienbewertung oder von Personen erstellt werden, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle (bspw. von der DAkkS – Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH) als Gutachter für Grundstückswertermittlung nach der genannten Norm DIN EN ISO/IEC 17024 zertifiziert sind.
Fazit und Auswirkung auf die Praxis
Das BMF setzt insoweit gezielt auf „Abschreckung“ und versucht die wachsende Anzahl der Nutzungsdauergutachten einzudämmen.
Dennoch gibt auch die aktuelle Auffassung des BMF Raum für den Nachweis niedrigerer Nutzungsdauern. Durch die klare Abgrenzung von der BFH Rechtsprechung wird sich zudem zeigen, inwieweit zukünftige Gerichtsverfahren und Gerichtsurteile der Auffassung der Finanzverwaltung oder des BFH folgen werden. In jedem Fall empfehlen wir – neben der Auswahl des richtigen Gutachters – die vorherige steuerliche Analyse der aktuellen Rechtsprechung.
Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an!
Ihr Team von Braun-Daniels & Daniels